04. November 2022Beamtenrecht

Erfolg im Beamtenrecht: Abwehr einer Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung durch das BKA

TEIPEL & PARTNER Rechtsanwälte erzielten zum dritten Mal in Folge die vorläufige erfolgreiche Abwehr einer Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung, die das Bundeskriminalamt gegenüber unseren Mandanten erlassen hatte.

Was was passiert?

Die Chronologie der Ereignisse liest sich wie ein Buch und reicht bis ins Jahr 2020 zurück.

Schon damals wehrte sich unser Mandant gegen die Anordnung des Dienstherrn, sich fachpsychiatrisch untersuchen zu lassen. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hatte zu diesem Zeitpunkt mit Beschluss v. 30.09.2020 dem Bundeskriminalamt vorläufig untersagt, unseren Mandanten aufgrund einer Anordnung ärztlich untersuchen zu lassen (3 L 1061/20.WI). In dem Eilverfahren konnte der mandatsführende Rechtsanwalt Christian Reckling die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden davon überzeugen, dass der vertretenen Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach Eilanträge gegen Untersuchungsanordnungen gem. § 44a S. 1 VwGO unzulässig seien, nicht zu folgen ist. Denn das Erfordernis effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur ärztlichen Untersuchung als zulässig anzusehen, da es andernfalls zu unzumutbaren Nachteilen für den Rechtsschutzsuchenden kommt, die in einem späteren Prozess nicht mehr vollständig zu beseitigen sind. So heißt es in dem Beschluss:

"Woraus das Bundesverwaltungsgericht seine Erkenntnis, dem Beamten drohe in der Praxis nicht ernsthaft eine Disziplinarmaßnahme, wenn er die Untersuchungsanordnung nicht befolge, erlangt hat, ist bereits unklar."

Das Verwaltungsgericht entschied sodann auch, dass der Eilantrag begründet war. Die Entscheidung zu Gunsten unseres Mandanten wurde u.a. damit begründet, dass der mit der Untersuchungsanordnung verfolgte Zweck der Ausforschung des Gesundheitszustandes eines Beamten nicht zulässig sei, um sodann mit den gewonnenen Erkenntnissen weitergehende Schritte in Bezug auf eine Versetzung in den Ruhestand einzuleiten. Es gelte auszuschließen, dass die Untersuchung einer unzulässigen Ausforschung des Gesundheitszustandes dient, weil es für die Vorstellung beim Amtsarzt noch nicht gereicht habe. Auch an der Begründung der Untersuchungsanordnung störte sich das Verwaltungsgericht und folgte auch insoweit der Rechtsauffassung von Rechtsanwalt Christian Reckling, der u.a. ausführte, dass keine tatsächlichen Umstände vorliegen, die den Schluss auf Zweifel an der Dienstfähigkeit seines Mandanten gerechtfertigt hätten.

Das Bundeskriminalamt wollte sich damit nicht zufrieden geben und startete mit einer Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung v. 28.02.2022 einen erneuten zweiten Versuch, unseren Mandanten amtsärztlich untersuchen zu lassen. Erneut wurde durch uns ein Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden gestellt, um die amtsärztliche Untersuchung vorläufig untersagen zu lassen. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag statt, da die streitgegenständliche Untersuchungsanordnung v. 28.02.2022, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen, formell rechtswidrig ist (VG Wiesbaden, Beschl. v. 07.06.2022 - 3 L 240/22.WI). Die Untersuchungsanordnung wurde von einer Regierungsamtsrätin unterschrieben, die für die Anordnung nicht zuständig war. Die gegen den Beschluss eingelegte Beschwerde zog das Bundeskriminalamt nach kurzer Bedenkzeit wieder zurück.

Dritte Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung

Getreu dem Motto, dass aller guten Dringe drei sind, startete das Bundeskriminalamt einen dritten Versuch, unseren Mandanten amtsärztlich untersuchen zu lassen.

Dieses Mal wurde die Anordnung unter dem 21.06.2022 vom Präsidenten des Bundeskriminalamtes, Herrn Münch, höchstpersönlich unterschrieben. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass wir auch gegen diese Anordnung einen Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden stellten, um die amtsärztliche Untersuchung vorläufig zu verhindern. Nach einem intensiven Austausch von Schriftsätzen folgte das Verwaltungsgericht Wiesbaden erneut unserer Rechtsauffassung und untersagte dem Bundeskriminalamt vorläufig, unseren Mandanten amtsärztlich untersuchen zu lassen (VG Wiesbaden, Beschl. v. 02.11.2022 - 3 L 769/22.WI). Das Verwaltungsgericht wies das Bundeskriminalamt darauf hin, dass eine "tragfähige Begründung" dafür vermisst werde, dass die angeblichen "erheblichen Verhaltensauffälligkeiten" sich auf die Dienstfähigkeit unseres Mandanten auswirken. Auch genüge die Untersuchungsanordnung im Hinblick auf Art und Umfang nicht dem Bestimmtheitsgebot, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss die Untersuchungsaordnung konkrete Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Belieben des Arztes überlassen.

Kommentar für die Verfahrenspraxis

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Das Bundeskriminalamt kann noch Beschwerde einlegen.

Sie zeigt aber auf, dass der Dienstherr unbequeme oder gar unbeliebte Beamtinnen oder Beamte nicht mit unzulässigen Mitteln der Gesundheitsausforschung handeln kann. Derartige erhebliche Grundrechtseingriffe bedürfen einer inhaltlichen klaren, bestimmten und eindeutigen Begründung und müssen zudem verhältnismäßig sein. Immerhin ist die grundrechtsbewehrte persönliche Sphäre des Beamten betroffen, so dass der Dienstherr nicht dem Arzt überlassen kann, ob und inwieweit er die Untersuchung ggf. ausweitet. Hier sind dem Dienstherrn klare Grenzen zu setzen. Neben den formellen Anforderungen an einer Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung müssen auch materiell-rechtlich einige Hürden genommen werden. So heißt es dazu:

"Der Beamte muss anhand der Begründung die Auffassung der Behörde nachvollziehen und prüfen können, ob die angeführten Gründe tragfähig sind. Ein etwaiger Mangel dieser Aufforderung kann nicht im weiteren behördlichen oder gerichtlichen Verfahren geheilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 – 2 C 68/11 –, juris, Rn. 20 ff.; zum Ganzen: BVerwG, Beschluss vom 14. März 2019 – 2 VR 5/18 –, juris, Rn. 40 ff. [m.w.N]). Wegen ihrer weitgehenden Wirkungen muss die vollständige Begründung der Untersuchungsanord [1] nung an den Beamten gerichtet sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Mai 2013 – 2 C 68.11 –, juris, Rn. 17)."

Die betroffene Beamtin bzw. der betroffene Beamte sollte demzufolge prüfen, ob die Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung den rechtlichen Maßstäben genügt.

Der Dienstherr sollte intern prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Anordnung zur amtsärztlichen Untersuchung vorliegen, bevor derart tiefgreifende grundrechtsrelevante Eingriffe gegen seine Beamtinnen oder Beamten vorgenommen werden.

Von Teipel & Partner mandatsführend:

Weitere Informationen zu Christian Reckling

  • Spezialist im Prüfungsrecht, Examensanfechtungen Jura und Beamtenrecht. 
  • Seit 2010 ausschließlich im Bildungrecht tätig
  • Fachanwalt für Verwaltungsrecht
  • Über 500 persönlich geführte Verfahren im Prüfungsrecht/Hochschulrecht
  • Erfolge im Prüfungsrecht und Beamtenrecht vor zahlreichen Oberwaltungsgerichten/Verwaltungsgerichtshöfen.

Christian Reckling steht Ihnen insbesondere für Examensanfechtungen Jura, im Prüfungsrecht und Beamtenrecht  als fachkundiger und sehr erfahrener Ansprechpartner zur Verfügung. 

Christian Reckling war mandatsführend in folgenden Verfahren

Weitere Erfolgreiche Verfahren:

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