20. Mai 2025Verfassungsrecht

Volt NRW mit teipel.law erfolgreich vor dem Verfassungsgerichtshof NRW: Kommunalwahlgesetz NRW ist verfassungswidrig!

Volt NRW war die erste Partei im Organstreitverfahren gegen das neue Kommunalwahlgesetz NRW. Nun führte das durch teipel.law betriebene Organstreitverfahren zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der vom Landtag NRW beschlossenen Neuregelung der Sitzverteilung bei Kommunalwahlen (Rock-Verfahren).

Es geht um die Verteilung von sogenannten Restsitzen bei Kommunalwahlen, also solchen Mandaten in Kreis- und Gemeinderäten, die nach Zuteilung des sogenannten Idealanspruchs verbleiben und möglichst gerecht und damit unter Beachtung des Gleichheitssatzes zugeteilt werden müssen. Damit geht es auch um die Verteilung von Glück.

Vereinfacht: Bei einer Wahl, an der drei Parteien oder Wählervereinigungen teilnehmen, die jeweils gleich viele Stimmen auf sich vereinigen konnten, erhält jede der Parteien jeweils ein Drittel der zu vergebenden Sitze. Sind in dem zu wählenden Gremium neun Sitze zu vergeben, erhält jede Partei davon drei (Idealanspruch). Das ist Grundschulwissen, nämlich gerechtes (Ver-)Teilen. Schwierig wird es, wenn acht Sitze zu vergeben sind. Dann erhält jede Partei zwei Sitze (Idealanspruch), aber welche Parteien oder Wählergemeinschaften erhalten einen dritten Platz und welche nicht? In vielen Wahlordnungen heißt es dann, es entscheide das Los. Das ist die Verteilung von Glück.

Die bislang bei Wahlen meistens verwendeten Zuteilungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers, d´Hondt oder Hare-Niemeyer lösten das Problem der Restsitzvergabe (auf verschiedenen Wegen, aber) im Grundsatz so, dass auf lange Sicht mal die eine, mal die andere Partei „Rundungsglück“ oder eben auch „Rundungspech“ haben konnte. Simon Rock, Mitglied der Landtagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, entwickelte stattdessen ein „Quotenverfahren mit prozentualem Restausgleich“ (sog. „Verfahren nach Rock“ oder „Rock-Verfahren“), nach dem Parteien, die bereits viele Stimmen und damit viele Mandate auf sich vereinigen können, bei der Zuteilung der Restsitze bevorzugt werden nach dem Motto: „Wer schon viel hat, soll noch mehr bekommen.“ Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen, CDU und SPD änderten daraufhin gemeinsam in Nordrhein-Westfalen das Gesetz für die Kommunalwahlen und ersetzten das bisherige, anerkannte und nach wissenschaftlichem Stand gerechteste Wahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers durch eben dieses Rock-Verfahren.

Die Partei Volt in NRW sah darin eine Verletzung der Chancengleichheit der Parteien. Ihre Fragen waren: Warum soll nicht mehr jede Partei bei der Verteilung der Restsitze Rundungsglück und Rundungspech in gleichem Maße treffen, sondern Parteien mit hohem Wählerpotenzial deutlich mehr Rundungsglück und im Gegenzug Parteien mit geringem Stimmenanteil regelmäßig Rundungspech haben? Darf die Größe der Partei bei der Zuteilung von Sitzen eine doppelte Rolle spielen, nämlich zuerst beim Idealanspruch und dann nochmal bei der Vergabe der Restsitze?

Während viele kleinere Parteien zwar ebenfalls eine solche strukturelle Benachteiligung sahen, war es Volt NRW, die teipel.law mandatierte und als erste Partei bereits Mitte August 2024 beim Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen einen Antrag in einem Organstreitverfahren einreichen ließ. Mit einigen Monaten Abstand folgten die PIRATEN, die Partei Die PARTEI, Die Linke, das BSW und die FDP.

Der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen hat in seinem heute verkündeten Urteil festgestellt, dass die Ersetzung des bisherigen Verfahrens durch das Verfahren nach Rock „das Recht der Antragstellerin auf chancengleiche Teilnahme an den Kommunalwahlen … verletzt hat“ und damit verfassungswidrig ist, weil es gegen den Gleichheitssatz verstößt, wenn bei der Restplatzvergabe nicht mehr jede Partei mit gleicher Wahrscheinlichkeit Rundungspech oder Rundungsglück trifft, sondern die Parteien, die viele Stimmen und damit viele Sitze erlangen konnten, strukturell bei der Restplatzvergabe bevorzugt werden. Das ist kein gerechtes (Ver-)Teilen. Oder, um es mit dem Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen zu sagen: Das Rock-Verfahren ist verfassungswidrig, weil es schon nicht geeignet ist, das Problem der Zuteilung der Restsitze chancengleich zu lösen.

Von Teipel & Partner mandatsführend:

Weitere Informationen zu Dr. Jürgen Küttner

  • Spezialist im Prüfungsrecht und Beamtenrecht 
  • Fachanwalt für Verwaltungsrecht seit 2008. 
  • Promotion zum Dr. „in utroque iure“ (kanonischem und weltlichem Recht)
  • Über 500 persönlich geführte Verfahren im Prüfungsrecht/Hochschulrecht
  • Erfolge vor dem Bundesverwaltungsgericht (sowohl Revisionsnichtzulassungsbeschwerde als auch Revision) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und dem Bundesfinanzhof.

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Dr. Jürgen Küttner war mandatsführend in folgenden Verfahren

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