Die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz

Es kommt nicht von ungefähr, dass wir manchmal Menschen dahingehend beurteilen, ob sie in guter oder schlechter Verfassung sind. Denn die Verfassung bestimmt, nach welchen Regeln alle Organe des Körpers zusammenspielen müssen, damit es der Gesamtheit gut geht. Das ist bei jedem einzelnen Menschen so, aber auch beim Staat, den sich die früheren Staatsrechtstheoretiker ja auch als Körper vorgestellt haben (weswegen wir auch heute noch im Verwaltungsrecht mit Begriffen wie „Körperschaft“, „juristische Person“ und „Organ“ arbeiten).

Die Verfassung der Bundesrepublik heißt bekanntlich Grundgesetz. Aber nicht jeder weiß, dass nicht nur die Bundesrepublik ein Staat mit einer eigenen Verfassung ist, sondern auch die einzelnen Bundesländer eigene Staatsqualität haben. Die Folge ist, dass alle Bundesländer auch jeweils eigene Verfassungen haben.

Die rechtliche Auseinandersetzung mit diesen Verfassungen und den darin enthaltenen Regeln, nach denen die Organe des Staates zu handeln haben, ist Gegenstand des Verfassungsrechts. Von zentraler Bedeutung sind insoweit zunächst die Vorschriften über die staatliche Willensbildung, also die Grundanforderungen an die Wahlen der Parlamente, die Bildung der Regierungen sowie Einrichtung der Behörden, die Gesetzgebung und Gewährleistung einer unabhängigen und effizienten Rechtsprechung. Unsere Verfassungen kennen darüber hinaus aber mit den sogenannten Grundrechten auch Vorschriften, die den Mitgliedern des Staates, den Bürgern, eigene Rechte gegenüber dem Staat verleihen, und zwar eine Fülle verschiedener Abwehrrechte, aber auch Teilhaberechte, beispielsweise auf die Gewährung des sozialen Existenzminimums.

Verfassungen sind daher ganz besondere Gesetze, was sich insbesondere darin zeigt, dass sie nur unter sehr einschränkenden Voraussetzungen geändert werden können (das Grundgesetz beispielsweise nur, wenn der Bundestag und der Bundesrat jeweils mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen). Andererseits sind Verfassungen aber eben auch Gesetze und daher „mit Leben zu füllen“, also auszulegen und anzuwenden.

Daraus folgt einerseits, dass die Organe des Staates berechtigt sein müssen, ihre durch die Verfassung gewährten Rechte gerichtlich gegenüber den anderen Organen geltend machen zu können, beispielsweise Bundestags- oder Landtagsabgeordnete ihr Recht auf wirksame Teilnahme an den Sitzungen des Parlaments oder der Bundestag gegenüber dem Bundespräsidenten, dass dieser die Gesetze ausfertigt, also unterzeichnet, und verkünden lässt, damit diese gegenüber den Bürgern wirksam werden. Für solche Streitigkeiten sind regelmäßig die Verfassungsgerichte zuständig. Das berühmteste dieser Verfassungsgerichte ist zweifelsfrei das Bundesverfassungsgericht, welches nicht nur national, sondern auch international einen besonders guten Ruf genießt. Auf Länderebene ist dies Aufgabe der Länderverfassungsgerichtshöfe.

Andererseits folgt aus den Grundrechten, dass der Staat diese bei seinem Umgang mit den Bürgern zu beachten hat, und zwar jedes staatliche Organ, also auch jeder Polizeibeamter, jeder Außendienstmitarbeiter des Ordnungsamtes, jeder Steuerbeamte und so weiter. Bei einer Verletzung der Grundrechte sind aber nicht die Verfassungsgerichte für den dann notwendigen Rechtsschutz zuständig. Denn Aufgabe der Verfassungsgerichte ist es gerade nicht, im Einzelfall dem Bürger zu seinem Recht zu verhelfen und damit für Gerechtigkeit zu sorgen, sie sind nicht einmal Gerichte im Instanzenzug. Im Gegenteil, in steter Regelmäßigkeit heißt es in den Entscheidungen der Verfassungsgerichte, sie seien gerade eben keine Superrevisionsinstanz. Die Grundrechte müssen vielmehr vor den „einfachen“ Gerichten in jedem einzelnen gerichtlichen Verfahren geltend gemacht werden, also schon in der ersten Instanz. Nur dann, wenn die Gerichte im Instanzenzug die Existenz, Reich- oder Tragweite eines Grundrechtes verkannt haben, also bei ihrer Entscheidung ein einschlägiges Grundrecht übersehen haben, oder wenn die Gerichte objektiv willkürlich entscheiden, also an Kategorien orientiert, die rechtlich irrelevant sein müssen, können Verfahren gegen Gerichtsentscheidungen vor den Verfassungsgerichten ausnahmsweise Erfolgreich sein.

Spekulieren Sie daher nur dann darauf, dass das Verfassungsgericht Ihnen Ihr Recht gibt, wenn Sie es als staatsverfassungsrechtliches Organ anrufen. Als Bürger machen Sie Ihre verfassungsrechtlichen Rechte vor den Gerichten im Rechtszug geltend.

Wir können regelmäßig bereits im Rahmen einer Erstberatung mit Ihnen klären, ob Sie eine Grundrechtsverletzung geltend machen können. Fast immer ist es so, dass Ihnen aufgrund einfacher Gesetze sogar weitergehende Rechtspositionen zustehen. Auch hierzu beraten wir Sie gerne, und zwar auch bereits vor dem ersten Kontakt mit der Behörde.  

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