Der Einsatz von Proctoring-Software an Hochschulen ist ein aktuelles und kontroverses Thema, das sowohl rechtliche als auch pädagogische Herausforderungen mit sich bringt. Proctoring-Software ermöglicht es, Prüfungen online zu überwachen und zu bewerten, ohne dass eine physische Anwesenheit der Prüflinge erforderlich ist. Dies kann gerade eine wichtige Alternative zu Präsenzprüfungen darstellen, die unter Umständen nicht durchführbar sind. Allerdings wirft die Proctoring-Software auch Fragen der Haftung auf, wenn es zu technischen Störungen, Datenschutzverletzungen oder Manipulationsversuchen kommt. Wer haftet für Schäden, die durch die Proctoring-Software entstehen können? Wie kann die Hochschule sich vor Ansprüchen von Studierenden oder Dritten schützen? Welche Rechte und Pflichten haben die Studierenden, die sich der Proctoring-Software unterwerfen müssen?
Um diese Fragen zu beantworten, hat eine renommierte Kanzlei, teipel.law, ein Gutachten erstellt, das die rechtlichen Aspekte des Einsatzes von Proctoring-Software an Hochschulen klärt. Das Gutachten untersucht die Haftungsfragen und -lösungen bei dem Einsatz von Proctoring-Software am Beispiel von Inspera, einem der führenden Anbieter in diesem Bereich. Es geht dabei um die Rechtsbeziehungen zwischen der Hochschule, dem Softwareanbieter und den Studierenden. Es werden die vertraglichen Bestimmungen zur Haftung analysiert und auf ihre Zulässigkeit nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) überprüft. Dabei wird insbesondere auf den Unterschied zwischen Hochschulmitarbeiter:innen und Studierenden eingegangen, die jeweils unterschiedliche Rechte und Pflichten haben.
Das Gutachten zeigt, dass die Hochschule grundsätzlich für das Verhalten der Studierenden haftet, die die Proctoring-Software nutzen. Dies bedeutet, dass die Hochschule für Schäden aufkommen muss, die durch die Proctoring-Software verursacht werden, wenn die Studierenden diese missbrauchen, manipulieren oder gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn die Studierenden sich unerlaubt Hilfe holen, die Prüfungsaufgaben weitergeben oder die Daten der Proctoring-Software löschen oder verändern. Die Hochschule kann sich jedoch von dieser Haftung befreien, wenn sie nachweisen kann, dass sie die Studierenden ordnungsgemäß über die Proctoring-Software und die damit verbundenen Risiken aufgeklärt hat und dass sie keine Möglichkeit hatte, das schädigende Verhalten der Studierenden zu verhindern oder zu kontrollieren. Das Gutachten gibt konkrete Empfehlungen, wie die Hochschule die Haftung für Schäden, die durch die Proctoring-Software entstehen können, minimieren oder ausschließen kann. Dazu gehört unter anderem, eine deklaratorische Klausel zur Abgrenzung der autorisierten Nutzer in den Vertrag mit dem Softwareanbieter aufzunehmen, sowie einen Haftungsausschluss bei vorsätzlichem Verhalten der Studierenden zu vereinbaren. Außerdem wird geraten, Haftungsgrenzen festzulegen und technische Sicherheitsmaßnahmen wie eine Web Application Firewall oder Pen-Tests zu verlangen, um die Funktionsfähigkeit und den Schutz der Proctoring-Software zu gewährleisten.
Das Gutachten von teipel.law bietet somit einen umfassenden und praxisnahen Überblick über die Haftungsfragen und -lösungen bei dem Einsatz von Proctoring-Software an Hochschulen. Es richtet sich an Hochschulleitungen, Prüfungsämter, Dozierende und Studierende, die sich über die rechtlichen Rahmenbedingungen und Risiken informieren wollen.