Anspruch auf Wiedereinstellung in das Beamtenverhältnis
Unser Mandant begehrte zunächst die Neubewertung seiner von ihm abgelegten schriftlichen Aufsichtsarbeiten „Führungslehre“. Er war der Laufbahnprüfung in der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt an der Landesfeuerwehrschule zugeordnet. Unter dem 6. Oktober 2023 nahm er an der theoretischen Abschlussprüfung teil, die eine schriftliche Prüfungsarbeit „Führungslehre“ zum Gegenstand hatte. Der Erstvotant vergab von 128,5 zu erreichenden Punkten 46,5 Punkte. Der Zweitvotant vergab hingegen nur 41,5 Punkte. Die Prüfungsleistung wurde mit 2 Punkten („nicht bestanden“) bewertet. Unter dem 15. Dezember 2023 schrieb er die Prüfungsarbeit erneut. Der Erstvotant vergab von 181 zu erreichenden Punkten 80,5 Punkte, wohingegen der Zweitvotant erneut weniger Punkte vergab, dieses Mal 75,0 Punkte. Diese Wiederholungsprüfung im Fach „Führungslehre“ wurde mit 3,5 Punkten („nicht bestanden“) bewertet. Mit Prüfungsbescheid vom 15. Februar 2024 wurde unserem Mandanten sodann mitgeteilt, dass er die Laufbahnprüfung der Laufbahngruppe 2, erstes Einstiegsamt endgültig nicht bestanden habe. Zugleich teilte der Dienstherr (Hansestadt Lübeck) mit, dass er aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf unmittelbar entlassen werde.
Gegen den Prüfungsbescheid legte Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht Christian Reckling Widerspruch ein und beantragte Akteneinsicht. Mit Widerspruchsbegründung vom 28. Mai 2024 wurde der Widerspruch umfangreich begründet, wobei sich Rechtsanwalt Christian Reckling auf den Vortrag von Verfahrensfehlern und der Verfassungswidrigkeit der Prüfungsordnungen kaprizierte. In materiell-rechtlicher Hinsicht wurden zahlreiche Einwände im Hinblick auf die fachspezifische Bewertungen der Prüfenden bei den schriftlichen Aufsichtsarbeiten vorgetragen. Der Widerspruch wurde sodann zurückgewiesen, Rechtsanwalt Christian Reckling ersuchte sodann um einstweiligen Rechtsschutz und erhob zudem Klage in der Hauptsache.
Verfahrensgang
In dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren wurde der Vortrag hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit, der Verfahrensfehler und die Einwände gegen die Prüferbewertungen weiter vertieft.
Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht schlug sodann einen gerichtlichen Vergleich vor, der u.a. die Wiederholung der mündlich-praktischen Prüfung vorsah.
Der Vergleichsvorschlag des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts wurde angenommen, das einstweilige Rechtsschutzverfahren wurde damit beendet und die Klage konnte für erledigt erklärt werden. Unser Mandant bestand die Wiederholungsprüfung erfolgreich. Jedoch betraf das gerichtliche Verfahren zunächst das Prüfungsrechtverhältnis zur Landesfeuerwehrschule und nicht das Beamtenrechtsverhältnis mit der Hansestadt Lübeck, denn dieses konnte erst dann fortgesetzt werden, wenn der Prüfungsanspruch wieder auflebte.
Der widerwillige Dienstherr
Was dann folgte, glich schon fast einer Behördenwillkür.
Um eine gerichtliche Auseinandersetzung zu verhindern, beantragte unser Mandant zunächst außergerichtlich die Wiedereinstellung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf, um die Ausbildung fortzusetzen, da er den Prüfungsanspruch nicht endgültig verloren hatte, indem er die Wiederholungsprüfung bestanden hatte. Doch es kam anders: Der Dienstherr, die Hansestadt Lübeck, lehnte den Antrag ab und antwortete u.a.:
"Der Bereich Recht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufsfeuerwehr Lübeck nicht verpflichtet ist, Sie wieder zum Beamten auf Widerruf zu ernennen, damit Sie Ihren Vorbereitungsdienst bei der Berufsfeuerwehr Lübeck beenden können. Wenn die Feuerwehrschule aufgrund des gerichtlichen Vergleiches die Beamtin/ den Beamten zu einer dritten Prüfung zulässt und ein Bestehen als eine bestandene Prüfung anerkennt, dann ändert es nichts daran, dass nach der Ausbildung und Prüfungsverordnung das Beamtenverhältnis bereits mit Datum vom 22.02.2024 endete. Dieser Vergleich hat keine Wirkung zulasten Dritter - also der Hansestadt Lübeck. Die Ergebnisse der Prüfung durch unsere Rechtsabteilung haben wir an den Bereich Feuerwehr mit der Bitte um Prüfung und Entscheidung weitergeleitet. Der Bereich Feuerwehr folgt der Einschätzung des Bereichs Recht und hat entschieden, Sie nicht wieder in den Vorbereitungsdienst aufzunehmen. Es steht Ihnen aber selbstverständlich frei, Ihren Vorbereitungsdienst bei einer anderen Berufsfeuerwehr zu beenden."
Wenn man als Betroffener eine derartige (rechtswidrige) Antwort erhält, darf man zu recht schockiert sein, über die Art und Weise des Tons und der Verfahrenspraxis. Insoweit schlug Christian Reckling vor, der Hansestadt Lübeck einen letzte Chance zu geben, außergerichtlich unseren Mandanten in das Beamtenverhältnis wieder aufzunehmen. Doch auch dieser Versuch schlug fehl und endete teilweise mit doch recht unsachlichen Äußerungen.
Nächstes gerichtliches Verfahren
Da sich die Gegenseite uneinsichtig zeigte, leitete Rechtsanwalt Christian Reckling das nächste einstweilige Rechtsschutzverfahren ein, das auf die Folgenbeseitigung gerichtet war. In diesem Verfahren - mit Verlaub - hat sich die Hansestadt Lübeck nun wahrlich die Blöße gegeben und den Pfad der Unsachlichkeit bestritten, denn so hieß es u.a.:
"Dem Folgenbeseitigungsanspruch steht aber auch entgegen, dass es gegenüber dem Antragsteller nicht unverhältnismäßig ist, die Folge der Beendigung des Beamtenverhältnisses auf Widerruf nicht zu beseitigen. Hierzu wird auf die Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 6.2.2025 an den Prozessbevollmächtigten des Antragstellers verwiesen. Gründe, die den Antragsteller daran gehindert haben könnten, sich um seine Interessen und die Fortsetzung seines Beamtenverhältnisses auf Widerruf rechtzeitig zu kümmern, werden auch in diesem Verfahren nicht vorgetragen. Das steht nicht nur einer Eilbedürftigkeit in diesem Verfahren entgegen, sondern auch einem rechtlichen Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung seines Beamtenverhältnisses auf Widerruf. Wer sich darauf beruft, einen Rechtsanspruch darauf zu haben, bei einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft die Befähigung für den feuerwehrtechnischen Dienst zu erwerben, der muss sein Interesse an dieser Ausbildung auch hinreichend glaubhaft verfolgen. Hieran fehlt es seitens des Antragstellers komplett. Das einzige Ziel, dass er nachvollziehbar verfolgt hat, ist die Wiederholung der einen ihm zugestandenen Prüfung. Wie die Ausbildung dann praktisch weitergehen soll, hat ihn nicht interessiert. Er hat keine Initiative in diese Richtung aufgebracht und wie sein jetziger Antrag auch zeigt, sich keinen Gedanken darüber gemacht, wie denn eine Fortsetzung der Ausbildung praktisch umgesetzt werden soll."
Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht erteilte sodann einen eindeutigen Hinweis dahingehend, dass unser Mandant einen Anspruch auf Fortsetzung des Beamtenverhältnis hat. So hieß es u.a.:
"Nach vorläufiger Ansicht des zuständigen Berichterstatters dürfte der Antrag des Antragstellers zulässig und begründet sein. Soweit Sie im Rahmen der Zulässigkeit die Vorwegnahme der Hauptsache ansprechen, dürfte dem die aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung entgegensprechen (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 9. Juni 2020 – 2 BvR 469/20 –, juris Rn. 25). Im Übrigen dürfte dem Antragsteller ein Folgenbeseitigungsanspruch zustehen."
Der darauf folgende E-Mail der Hansestadt Lübeck ließ erkennen, dass man damit ganz und gar nicht einverstanden war und erst recht keine Kosten des Verfahrens tragen wollte. Nach einigen bemühten taktischen Verzögerungen und nachdem das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein der Rechtsauffassung von Rechtsanwalt Reckling bestätigt hat, gab die Hansestadt Öübeck endlich nach, so dass unserem Mandanten endlich die Ernennungsurkunde ausgehändigt wurde und er die Ausbildung fortsetzen konnte.
Kommentar
Die Exekutive ist an Recht und Ordnung gebunden. In einem rechtstaatlichen Verfahren ist es auch unabdingbar, rechtliche Positionen auszutauschen und diesbezüglich unterschiedlicher Meinung zu sein. Dieser Pfad wird aber - wie vorliegend - verlassen, wenn unsachliche Gründe vorgeschoben werden, ein tendeziöser Vortrag im Gerichtsverfahren der Gegenseite unseren Mandanten mit dem Ziel der Stimmungsmache versucht zu diskreditieren und rechtliche Maßstäbe im Prüfungs- und Beamtenrecht außer Acht gelassen werden.
An dieser Stelle darf explizit darauf hingewiesen werden, dass das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht das Verhalten des Dienstherrn entsprechend treffsicher "korrigiert" hat, mithin die ihm zustehenden Rechte wieder eingeräumt wurden.
Der Dienstherr mag zwar auf dem ersten Blick übermächtig erscheinen, spätetens aber vor Gericht zählen einschlägige und überzeugende juristische Argumente und nicht unsachliche Polemik.
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