16. April 2025Beamtenrecht

teipel.law erfolgreich vor Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt

Unser Mandant hatte sich auf eine Professur an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beworben. Dort hatte eine Kommission eine Berufungsliste mit drei aus ihrer Sicht vorzugswürdigen Kandidaten erstellt, aber keine der Personen nahm einen daraufhin ergangenen Ruf an. Eine an der Martin-Luther-Universität erlassene Berufungsordnung regelte, dass das Berufungsverfahren in einem solchen Fall „ohne weiteres beendet“ sei. Über den Abbruch des Berufungsverfahrens wurde unser Mandant unterrichtet, und zwar mit genau dieser Begründung: Das Verfahren ist beendet, weil die drei bestplatzierten Bewerber jeweils den Ruf abgelehnt hatten.

Weil seine Bewerbung noch nicht berücksichtigt war, hat unser Mandant umgehend gegen den Abbruch des Berufungsverfahrens einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Halle einreichen lassen mit der Begründung, dass das Besetzungsverfahren fortgeführt, die Liste erweitert und dann abgearbeitet werden müsse. Danach, also erst während des erstinstanzlichen gerichtlichen Rechtsschutzverfahrens, hat die Martin-Luther-Universität im Hinblick auf den gestellten Antrag unseres Mandanten beschlossen, die in Rede stehende Stelle neu und etwas verändert auszuschreiben. Anschließend hat sie die Beendigung des Besetzungsverfahrens schriftsätzlich im gerichtlichen Verfahren zusätzlich auch damit begründet, dass aufgrund dieser Neuausschreibung das Besetzungsverfahren beendet worden sei.

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag ab. Die Kammer fand das Vorgehen der Martin-Luther-Universität vollkommen in Ordnung, und zwar sowohl, dass das Verfahren aufgrund der Berufungsordnung „ohne weiteres beendet" gewesen sei als auch, dass anschließend nachträglich durch die Entscheidung, die Stelle neu auszuschreiben, - tja, was eigentlich - das Besetzungsverfahren nochmal beendet wurde oder dass die Hochschule eine zusätzliche Begründung für den Abbruch eingeführt hat. Dann aber stellt sich die Frage, ob das nachträgliche Austauschen der Begründung überhaupt möglich ist. Denn wenn doch die Berufungsordnung so gefasst ist, dass das Besetzungsverfahren nach Ablehnung der drei Bestplatzierten „ohne weiteres“, also normativ "beendet" wurde, und es daher für den Abbruch keinen (weiteren, anderen) Grund geben kann, bleibt weder für eine weitere Abbruchentscheidung noch für eine weitere Begründung Raum.

Nachdem wir nach Zustellung des erstinstanzlichen Beschlusses mit der Sache betraut wurden, haben wir zum Rechtsmittel gegen diese Entscheidung des Verwaltungsgerichts geraten, auch vor dem Hintergrund, dass gegebenenfalls geltend zu machende Staatshaftungsansprüche ausgeschlossen sind, wenn nicht alle zumutbaren Rechtsmittel ausgeschöpft wurden.

Während des Beschwerdeverfahrens stellte sich heraus, dass ein zweimaliges Beenden des Besetzungsverfahrens nur eine von vielen Ungereimtheiten in der Sache war: Die Hochschule hatte im Verfahren eine Menge verschiedenster Protokolle verschiedenster Sitzungen verschiedenster Hochschulgremien wie Berufungskommission, Fakultätsrat und Senat vorgelegt darüber, wer bezüglich des Besetzungsverfahrens und seiner Beendigung wann was entschieden oder zur Kenntnis genommen hat und was diesbezüglich von wem wann festgestellt worden sei, freilich ohne dass darin problematisiert wurde, ob dies überhaupt erforderlich und auch möglich ist, wenn das Verfahren ja bereits normativ durch die Berufungsordnung beendet war.

Zudem schwieg sich die Berufungsordnung folgerichtig darüber aus, wer überhaupt für den Abbruch des Berufungsverfahrens zuständig sein sollte, denn wenn allein aufgrund der Erfüllung des Tatbestandes der Norm durch die Ablehnung der Personen, die einen Ruf erhalten haben, das Verfahren beendet wurde, kann es ja - eigentlich - keine weitere Entscheidung zur Beendigung des Verfahrens geben.

Das wiederum führte zu der Frage, ob die Bestimmung in der Berufungsordnung überhaupt wirksam ist. Das Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt sieht für die Berufung von Professorinnen und Professoren ein recht klares und zeitlich durchaus gestrafftes Verfahren vor, und zwar derart, dass die Fakultäten und der Senat Berufungsvorschläge erstellen, aber dann das Rektorat beziehungsweise die Leitung der Hochschule das Verfahren übernimmt und die Berufungen ausspricht, gegebenenfalls weitere Vorschläge nachfordert oder selbst eine Auswahl trifft. Und zwar zügig, jeweils innerhalb von wenigen Monaten.

Entscheidend wurde nun, dass das Landeshochschulgesetz die Hochschule ermächtigte, „Näheres zum Berufungsverfahren“ durch Hochschulsatzung zu regeln. Das ist eine Ermächtigung zur Ausgestaltung des Verfahrens innerhalb der gesetzlichen Vorgaben. Davon streng zu unterscheiden ist die sogenannte Abweichungsermächtigung. Diese berechtigt dazu, statt der gesetzlich vorgegebenen Zuständigkeiten und Verfahrensanforderungen andere Vorstellungen zu verwirklichen. Letzteres hatte die Martin-Luther-Universität in ihrer Berufungsordnung gemacht, obwohl sie nur zu einer Ausgestaltung berechtigt war. Damit war die Bestimmung, auf die der Abbruch zunächst gestützt war, unwirksam und der Abbruch war rechtswidrig erfolgt.

Das galt aber auch im Hinblick auf die nachträgliche Beschlussfassung und Alternativbegründung, dass eine Neuausschreibung der Stelle erfolgen sollte. Denn entschieden hatten dies wiederum der Fakultätsrat und der Senat und diese haben jeweils gegenseitig alles bestätigt und zur Kenntnis genommen. Das Landeshochschulgesetz regelt allerdings, dass diese Gremien dafür grade nicht zuständig sind, sondern das Rektorat, die Rektorin oder der Rektor beziehungsweise die Leitung der Hochschule. Auch davon durfte die Hochschule in ihrer Berufungsordnung nicht abweichen. Und selbst auf Aufforderung des Oberverwaltungsgerichtes konnte die Martin-Luther-Universität kein Dokument vorlegen, aus dem sich eine solche Entscheidung des in Wahrheit zuständigen Organs ergeben konnte. Damit musste unsere Beschwerde Erfolg haben.

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hat in seinem Beschluss ausdrücklich offen gelassen, ob die nachträgliche Begründung des Abbruchs des Besetzungsverfahrens rechtsmissbräuchlich gewesen ist, denn darauf, wie auch auf so vieles andere, was die Hochschule vorgetragen hatte, kam es ja nicht mehr an. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes wurde aufgehoben und das Bewerbungsverfahren für die Professorenstelle muss nun fortgeführt werden.

Fun fact: Es handelte sich um ein Besetzungsverfahren für eine Professur an der rechtswissenschaftlichen Fakultät.


Von Teipel & Partner mandatsführend:

Weitere Informationen zu Dr. Jürgen Küttner

  • Spezialist im Prüfungsrecht und Beamtenrecht 
  • Fachanwalt für Verwaltungsrecht seit 2008. 
  • Promotion zum Dr. „in utroque iure“ (kanonischem und weltlichem Recht)
  • Über 500 persönlich geführte Verfahren im Prüfungsrecht/Hochschulrecht
  • Erfolge vor dem Bundesverwaltungsgericht (sowohl Revisionsnichtzulassungsbeschwerde als auch Revision) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und dem Bundesfinanzhof.

Dr. Jürgen Küttner steht Ihnen insbesondere  im Prüfungsrecht und im Beamtenrecht als hochqualifizierter Ansprechpartner zur Verfügung.  

Dr. Jürgen Küttner war mandatsführend in folgenden Verfahren

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