30. Mai 2023Privathochschulrecht, Verfahren

Erneut erfolgreiche Verteidigung einer privaten Hochschule gegen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

Ein Student unserer Mandantschaft hatte im August 2022 eine Modulprüfung im zweiten und damit letztmöglichen Wiederholungsversuch zu schreiben. Diese war als Online-Prüfung angesetzt und eine Hilfsmittelliste legte zwei Seiten Konzeptpapier, einen nicht-programmierbaren Taschenrechner und eine in der Online-Klausur hinterlegte digitale Version des Taschenrechners sowie eine Tabellensammlung als zulässig fest.

Aus der anschleißenden Auswertung der Videoüberwachung ergab sich, dass der Student während der Klausur ein Skript und damit ein nicht zugelassenes Hilfsmittel geöffnet, wiederholt Inhalte daraus kopiert und etwas umformuliert in die Lösung eingefügt hatte. Im Rahmen der darauffolgenden Anhörung erklärte der Studierende, er habe nur die im Prüfungsprogramm zur Hilfe stehenden Dateien heruntergeladen und verwendet und wisse nicht, was daran falsch gewesen sein soll.

Unsere Mandantin hat daraufhin mit Bescheid vom 20. Oktober 2022 festgestellt, dass die Prüfung wegen Täuschung nicht bestanden sei und diese Feststellung per E-Mail bekanntgegeben.

Am 23. November 2022 - und damit über einen Monat später - zog unsere Mandantin dann die Konsequenzen aus der Tatsache, dass der Student den Letztversuch nicht bestanden hatte: Damit war auch das Modul endgültig nicht bestanden und der Student hatte folglich auch den Prüfungsanspruch verloren. Unsere Mandantin stellte diese Rechtsfolgen in einem weiteren Bescheid fest, der dem Studenten am 23. November 2022 - wiederum per E-Mail - bekanntgegeben wurde.

Gegen diesen Bescheid vom 23. November 2022 hat der Student form- und fristgerecht den Widerspruch erhoben und im Wesentlichen die gleiche Begründung vorgetragen, die er schon im Rahmen der Anhörung wegen des Täuschungsversuchs eingereicht hatte, nämlich dass er ausschließlich die zur Verfügung gestellten Hilfsmittel verwendet habe, die vor Prüfungsbeginn von einem Mitarbeiter unserer Mandantin heruntergeladen und geöffnet worden seien.

Dieses Rechtsmittel wies unsere Mandantin mit der Begründung zurück, dass diese Ausführungen unzureichend seien (sie hatten ja schon im Anhörungsverfahren vor Erlass des Bescheides vom 20. Oktober 2022 nicht ausgereicht) und darüber hinaus der Bescheid vom 20. Oktober 2022 unangefochten geblieben sei.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid und den Bescheid vom 23. November 2022 hat der Student dann vor dem Verwaltungsgericht Weimar die Klage erhoben. Zusätzlich hat er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung begehrt, dass ihm eine weitere Wiederholungsprüfung eingeräumt wird.

Der „Bescheid“ oder besser der „Verwaltungsakt“ ist ein machtvolles Instrument der Verwaltung. Mit seiner Bekanntgabe entsteht wirksames Einzelfallrecht, das, wenn der Bescheid (Verwaltungsakt) bestandskräftig wird, von der selben Behörde auch mit staatlichem Zwang durchgesetzt werden kann. Mit anderen Worten: Die Verwaltung schafft sich mit einem Verwaltungsakt selbst einen Titel, den sie auch selber vollstrecken beziehungsweise vollziehen kann. Für die Bestandskraft ist lediglich erforderlich, dass der Bescheid (Verwaltungsakt) nicht innerhalb eines Monats mit einem Rechtsmittel angegriffen wird. Nicht nötig ist, dass der Bescheid inhaltlich rechtmäßig ist.

In diesem Zusammenspiel von Wirksamkeit und Bestandskraft lag aus unserer Sicht die Lösung dieses Falles zugunsten unserer Mandantin: Darauf, ob unsere Mandantin zu Recht oder zu Unrecht dem Studenten einen Täuschungsversuch vorgeworfen hatte, kam es überhaupt nicht an. Denn sie hatte mit Bescheid vom 20. Oktober 2022 festgestellt, dass der Student einen Täuschungsversuch begangen und damit die zweite Wiederholungsprüfung nicht bestanden hatte. Mit Bekanntgabe durch E-Mail wurde diese Feststellung wirksam. Gegen diese Feststellung wurde nie der Widerspruch erhoben. Nach Ablauf der Widerspruchsfrist von einem Monat war der Verwaltungsakt somit bestandskräftig. Unsere Mandantin durfte nun diesen Verwaltungsakt vom 20. Oktober 2022 vollziehen, indem sie ihn den Entscheidungen in dem Bescheid vom 23. November 2022 zugrunde legte, nämlich dass der Studierende die Modulprüfung endgültig nicht bestanden und damit den Prüfungsanspruch verloren hatte. Denn für diese Entscheidungen war alleine die wirksame Feststellung entscheidend, dass der Studierende die zweite Wiederholungsprüfung und damit letzte Prüfungsmöglichkeit für dieses Modul nicht bestanden hatte.

Denjenigen, die das nicht richtig finden, sei gesagt: Behörden müssen in jedem Verwaltungsakt schriftlich darauf hinweisen, dass dagegen innerhalb eines Monats ein Rechtsmittel geführt werden kann und welches das richtige Rechtsmittel ist. Fehlt eine solche Rechtsmittelbelehrung oder ist sie unvollständig oder fehlerhaft, wird die Frist nicht in Lauf gesetzt und ein Rechtsmittel ist erst nach einem Jahr ausgeschlossen. Im Übrigen aber gilt der alte Spontispruch: „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!“

Das sah im Ergebnis auch der Student ein. Er nahm sowohl den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung als auch die Klage wieder zurück.

Von Teipel & Partner mandatsführend:

Weitere Informationen zu Dr. Jürgen Küttner

  • Spezialist im Prüfungsrecht und Beamtenrecht 
  • Fachanwalt für Verwaltungsrecht seit 2008. 
  • Promotion zum Dr. „in utroque iure“ (kanonischem und weltlichem Recht)
  • Über 500 persönlich geführte Verfahren im Prüfungsrecht/Hochschulrecht
  • Erfolge vor dem Bundesverwaltungsgericht (sowohl Revisionsnichtzulassungsbeschwerde als auch Revision) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache und dem Bundesfinanzhof.

Dr. Jürgen Küttner steht Ihnen insbesondere  im Prüfungsrecht und im Beamtenrecht als hochqualifizierter Ansprechpartner zur Verfügung.  

Dr. Jürgen Küttner war mandatsführend in folgenden Verfahren

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